«Ich, ein Jud» von Walter Jens
Die Verteidigungsrede des Judas Ischarioth
Walter Jens überrascht mit seiner erdachten Verteidigungsrede des Judas Ischarioth. Ein geschichtlicher Logik nicht entbehrender Monolog zeugt vom möglichen Einvernehmen zwischen Jesus und Judas, ohne dessen Verrat es kein Kreuz, keine Kirche und keine Inquisition gegeben hätte. Jesus wäre als freundlicher alter Mann gestorben.
Die Bibel und die christliche Tradition stellen Judas Ischarioth ausschließlich als Verräter dar. Prof. Walter Jens wagt eine andere Sicht: Judas nicht als Verräter, sondern als der geheime Verbündete von Jesus, als Helfershelfer Gottes bei der Erlösung des Menschen. Judas war bereit, die Rolle des würdelosen Schwerverbrechers zu übernehmen – im Einverständnis mit Jesus, um dessen Bestimmung zum Opfertod Wirklichkeit werden zu lassen.
Ein Mensch, der in die Ecke gestellt wurde, darf sich äußern. Als Verräter ist er in die Geschichte eingegangen, als der Jünger, der seinen Herrn um 30 Silberlinge ans Kreuz gebracht hat. Jetzt fordert Judas die Aufhebung des Schuldspruchs. Nach 2000 Jahren will er endlich sein Recht!